Lieferdienste sind aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Ob Essen, Lebensmittel oder Pakete – alles wird innerhalb kürzester Zeit an die Haustür geliefert. Doch hinter den schnellen Zustellungen stehen oft Fahrer*innen, die unter prekären Bedingungen arbeiten. Arbeitszeiten, Sozialversicherung und faire Bezahlung sind zentrale Themen, die immer wieder zur Diskussion stehen.
Anlässlich des Tags der Arbeit am 1. Mai werfen wir einen genaueren Blick auf die Arbeitsrechte von Lieferdienstmitarbeiter*innen in Österreich. Sind sie ausreichend geschützt? Welche Herausforderungen bestehen – und welche rechtlichen Änderungen könnten die Situation verbessern?
Diesen Fragen sind wir im Gespräch mit dem wissenschaftlichen Leiter unseres Weiterbildungsprogramms „Arbeitsrecht (LL.M.)“, Martin Gruber-Risak, nachgegangen. Er erklärt, welche gesetzlichen Regelungen aktuell für Lieferdienstfahrer*innen gelten, wo es Grauzonen gibt und welche Reformen notwendig wären, um faire Arbeitsbedingungen sicherzustellen.
- Welche arbeitsrechtlichen Regelungen gelten aktuell in Österreich für Fahrer*innen von Lieferdiensten?
Für Fahrer*innen von Lieferdiensten gilt grundsätzlich allgemeines Arbeitsrecht – aber nur dann, wenn sie auf Basis eines Arbeitsvertrages beschäftigt sind. Gerade in dieser Branche werden jedoch zumeist Verträge mit Selbständigen, in der Regel freie Dienstverträge, abgeschlossen. Es ist aber fraglich, ob es sich tatsächlich um Selbständige handelt oder ob nicht in Wirklichkeit echte Dienstverträge vorliegen, da die Fahrer*innen bei der Leistungserbringung intensiv gesteuert und überwacht werden. Das haben aber die jeweiligen Beschäftigten im Streitfall nachzuweisen, was nicht unbedingt einfach ist.
- Welche arbeitsrechtlichen Aspekte sind bei der Beschäftigung als angestellte oder selbstständige Fahrer*in besonders relevant?
In erster Linie geht es natürlich um die Bezahlung und die Frage, ob die Mindestlohnbestimmungen des einschlägigen Kollektivvertrages zur Anwendung kommen. Diese sehen auch Sonderzahlungen, dh Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration, vor. Wichtig ist auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und der bezahlte Urlaub sowie die Möglichkeit eine Kündigung anzufechten. All diese Rechte, die aus Sicht der Plattformen zusätzliche Kosten darstellen, haben selbständige Fahrer*innen nicht. Der Arbeitnehmer*innenstatus ist damit das Tor zu besseren Arbeitsbedingungen – eine 2022 im Rahmen des internationalen Fairwork-Projektes durchgeführte große Studie zu den Arbeitsbedingungen in der Österreichischen Plattformwirtschaft hat dies klar gezeigt: nur Personen mir Arbeitnehmer*innenstatus genießen gute Arbeitsbedingungen, bei Selbständigen ist das hingegen nicht der Fall.
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Der Link zum vollständigen Interview folgt
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