Ausgabe 01/18
competence
25
POINT OF VIEW
Gute Zusammenarbeit hat für mich drei
Elemente: einen geteilten Traum (ein Ziel), auf
richtige Zusammenarbeit und ein Organisa
tionsmodell, das sich an eigenverantwortlichen
Arbeitsaufgaben statt an Machtspielen orien
tiert.
Ein gemeinsames Ziel für die Zusammen
arbeit – darauf baut der Erfolg unserer gesam
ten Spezies auf. Wir schaffen es, große Vorha
ben zu realisieren, die weit über die Kapazität
des Einzelnen hinausgehen, weil wir die Fä
higkeit haben, gemeinsame Träume, Mythen,
Ziele zu formulieren und darauf hinzuarbeiten.
Das gemeinsame Ziel eines neuenVorhabens –
der Traum dahinter – muss so klar sein, dass
die einzelnen Teammitglieder ihn für sich
sehen können.
Zusammenarbeit im Team erfordert Auf
richtigkeit und die Fähigkeit, Feedback zu
geben sowie anzunehmen. Im Versuch, kon
fliktfrei miteinander umzugehen, werden oft
Fehler nicht angesprochen, man fürchtet, die
Gefühle des anderen zu verletzen, oder ver
sucht selbst, unangenehme Situationen zu
vermeiden. Unehrliches oder fehlendes Feed
back führt aber zu schwelenden Konflikten
und stagnierenden Arbeitsprozessen. Auch
Lob ist Feedback – unaufrichtiges Lob, etwa
um gute Stimmung zu machen, kommt
menschlich meist gar nicht bei dem Empfän
ger oder der Empfängerin an. Aufrichtiges
Lob beinhaltet immer das Wort „weil“: „Ich
finde, du hast das gut gemacht, weil ...“
Meine Organisation Three Coins hat in den
vergangenen Jahren ein dynamisches Organi
sationsmodell eingeführt. Unsere Tätigkeiten
werden nicht nach Machtprofilen, sondern
nach Verantwortlichkeiten aufgeteilt. Jedes
Mitglied unserer Organisation hat eine Letzt
verantwortlichkeit, eine Rolle. Wir schreiben
und verändern diese Jobprofile in unserer
Organisation in einem regelmäßigen gemein
schaftlichen Prozess. Dieser orientiert sich an
der Frage: Welche Rollen und Verantwortlich
keiten müssen abgedeckt werden, damit wir
unsere Mission unter den aktuellen Rahmen
bedingungen erfüllen können? Nachdem
eine Rolle in diesem Prozess erschaffen oder
angepasst wurde, wird sie von einem Team
mitglied erfüllt, mit all ihren Aufgaben, Ver
antwortlichkeiten und Letztentscheidungen,
die wir ihr gemeinsam gegeben haben. Da
gibt es Rollen mit mehr oder weniger inhalt
licher, budgetärer oder rechtlicher Verantwor
tung, aber zueinander stehen diese Rollen alle
in einem Verhältnis der Kooperation. Dies ist
das Prinzip einer funktionalen Hierarchie; das
heißt, dass die Kompetenz zur Letztentschei
dung aus definierten Tätigkeiten und Verant
wortlichkeiten folgt.
Zusammengefasst: Die Basis für Zusam
menarbeit entsteht, wenn wir es schaffen, un
sere Träume zu artikulieren und diese zu einem
gemeinsamen Projekt zu verbinden. In der täg
lichen Arbeit wird das erfolgreich sein, wenn
wir einander aufrichtig als Menschen begeg
nen. Die Zusammenarbeit wird vor allem dann
aufblühen, wenn sie in eine funktional defi
nierte, dynamische Hierarchie eingebettet ist.
Damit werden wir in unserer Art der Arbeit
menschlicher und wir können größere ge
meinsame Träume realisieren als bisher.
Es braucht ein Organisationsmodell,
das sich an eigenverantwortlichen
Arbeitsaufgaben statt an
Machtspielen orientiert.
Katharina Norden
Katharina Norden
Katharina Norden engagiert sich
seit Jugendtagen unternehmerisch
für eine soziale, inklusive und faire
Gesellschaft. 2012 gründete sie Three
Coins, 2006 die IG AlpbachWien.
Davor war sie bei Ashoka, dem ORF
und der Universität Wien tätig. Sie ist
Global Shaper beimWorld Economic
Forum und Absolventin der
Diplomatischen Akademie.
threecoins.org www.ig-wien.at facebook.com/threecoin3 twitter.com/three_coins