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competence
Ausgabe 01/18
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chon bisher wurde in Öster
reich Seelsorge für Muslim
Innen in Spitälern und
Haftanstalten
angeboten.
Ehrenamtliche haben sich
engagiert – ohne tragfähige Struktur und
professionelles Rüstzeug. Begleitend zu Re
formen in der Gefängnisseelsorge wurde eine
universitäre Weiterbildung aufgesetzt. „Hier
kommen Wissenschaft und Anwendung zu
sammen“, freut sich Rüdiger Lohlker, wissen
schaftlicher Leiter der drei Zertifikatskurse,
die zusammen mit dem Seelsorgeverein der
Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) an
der Universität entwickelt wurden.
Der Spezialist für die Geschichte des isla
mischen Denkens an der Universität Wien be
schreibt verschiedene Gründe, warum nicht
einfach SeelsorgerInnen anderer Glaubens
bekenntnisse übernehmen können.„In musli
misch geprägten Ländern gibt es keine
institutionalisierte Seelsorge. Heikle Fragen
werden mit Familienangehörigen oder ande
ren Vertrauenspersonen besprochen.“
Gute Gespräche in
schwierigem Umfeld
Wer institutionalisierte Seelsorge in Spitälern
und Gefängnissen nicht kennt, leitet keinen
Anspruch darauf ab und sucht sich vielleicht
die falschen Vertrauenspersonen. Zudem war
das Angebot bisher von wechselnder Qualität
und ohne finanzielle Absicherung. Ein wei
terer Grund ist, dass Fragen vor dem Hinter
grund der jahrhundertealten islamischen
Gelehrtentradition und der österreichischen
Gesellschaft reflektiert werden müssen. „Der
Islam“ hat eine plurale Erscheinungsform.
„Traditionen können sich letztlich durch die
islamische Seelsorge, wie wir sie jetzt etablie
ren wollen, verändern. An der Universität
Wien wird zudem an einer Theologie für isla
mische GefängnisseelsorgerInnen gearbeitet,
bei der ich mir guten Input erhoffe. Das ist ein
Transformationsprozess: Die muslimische
Glaubenspraxis in Hinblick auf Seelsorge wird
Teil des europäischen Seelsorgebegriffs.“
Spitäler sind quasi Minenfelder zur Vermitt
lung der interkulturellen Kommunikation.
SeelsorgerInnen sind Kontaktpersonen und
vermitteln, angefangen von der Spitalskost
über den Familienbesuch im Mehrbettzim
mer bis hin zur Organisation von Räumen für
religiöse Bedürfnisse. Ethische Fragen reichen
von der Diagnose über die Behandlung
(Lebensverlängerung, Organtransplantation)
bis hin zu Riten für Verstorbene.
Radar für Radikalisierung
In Haftanstalten muss an der Basis vermittelt
werden, welche Aufgaben Gefängnisse in
unserer Gesellschaft haben, wie sie aus Sicht
der Verwaltung funktionieren und was
schuldhaftes Verhalten ist. „Da spielen Traditi
onen eine Rolle“, betont Lohlker. Seelsorger
Innen brauchen einen guten Draht zu den
InsassInnen, unabhängig von der Art ihres
Verbrechens. Und sie sollen ein Radar für
Radikalisierungstendenzen entwickeln. Was
nach der Entlassung passiert, gehört ebenfalls
zu ihrem Aufgabengebiet.
Das Weiterbildungsangebot gliedert sich in
einen Basiskurs und spezialisierte Aufbau
kurse. Die erste praktisch orientierte Fort
bildung erweckt auch international Interesse.
Die qualifizierte Weiterbildung und Vernet
zung zieht hoffentlich Engagement, weitere
Professionalisierung und auch Bezahlung
dieser wertvollen Tätigkeit nach sich. Ziel ist
letztlich das Auslaufen der Kurse, weil sie
überflüssig geworden sind.
Seelsorge islamisch
reflektiert
Eine universitäre Weiterbildung deckt den dringenden
Bedarf nach professioneller Seelsorge für MuslimInnen in
Haftanstalten und Spitälern. Dabei gilt es zu reflektieren, welche
Denktraditionen und Gesellschaftsrealitäten aufeinandertreffen.
Der Zertifikatskurs „Grundlagen
der islamischen Seelsorge“ richtet
sich an Personen, die bereits seel
sorgerisch in Haftanstalten, Spitälern
und anderen Bereichen tätig sind.
Professionelles Rüstzeug wie psycho
logische Gesprächsführung oder
Ansätze der Sozialarbeit werden
vermittelt, Fragen aus der Praxis vor
dem islamischen Denken reflektiert.
Aufbauend gibt es je einen Zertifikats
kurs zu den Fachgebieten „Spitals-
seelsorge“ und „Gefängnisseelsorge“.
Professionelle
Seelsorge
S
Es passiert eine
Transformation
unter MuslimInnen
im europäischen
Umfeld, die
Seelsorge in einem
institutionellen
Rahmen erfahren.
Rüdiger Lohlker