Ausgabe 01/18
competence
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den keine Pflegeroboter gebaut, aber es wur
de ein Krankenbett mit auslesbarem Chip
entwickelt. Es soll Pflegekräfte bei Dokumen
tationsaufgaben unterstützen, damit mehr
Zeit für die Betreuung bleibt.
Für Gespräche mit Informatik-Laien hat die
Professorin verinnerlicht, „dass es nicht sinn
voll ist, AnwenderInnen gleich alles zu zei
gen, was unsere Software kann. Nicht allen
ist die volle Schönheit sofort zugänglich“,
kommentiert sie selbstironisch. Erst einmal
erfragt sie, welche die wichtigste Funktionali
tät sei. Diese kann in einer Demo-Umgebung
ausprobiert werden. In der Realität gibt es oft
Zeitdruck, aber hier kann man sich im eige
nen Tempo und gefahrlos vertraut machen.
So kommen Theorie und Praxis gut zusam
men. Für den Ökonometriker Nikolaus
Hautsch läuft der Austausch zwischen Theo
rie und Praxis oft nicht so rund. Er selbst sieht
sich nicht als Politikberater, hält aber wissen
schaftliche Empfehlungen beispielsweise zur
Regulierung von Finanzmärkten für dringend
notwendig. Umgekehrt ist die Politik aber
zögerlich, wenn es um den Zugang zu aktu
ellen Daten für die Wissenschaft geht: „Die
Finanzbranche stellt nicht notwendigerweise
die Daten zur Verfügung, die zur Erforschung
bestimmter Risiken und vieler regulato
rischer Aspekte dringend notwendig wären.
Wir bekommen keine ausreichend detail
lierte Datenbasis. In diesen Fällen kann man
auch mit besten statistischen Verfahren letzt
endlich nicht viel herausfinden.“
Zurück zum Universalgelehrten?
Würde es der Zusammenarbeit helfen, wenn
nicht jeder im Team eine extreme Spezialisie
rung mitbrächte? Nikolaus Hautsch stellt
fest, „dass Disziplinen nicht von selbst zu
sammenwachsen. Sie entwickeln sich oft
mals als Paralleluniversen weiter, ohne sich
gegenseitig zu befruchten und zu vernetzen.
Zitiert wird primär innerhalb des eigenen Zir
kels“. Interdisziplinarität als Vorgabe reicht
nicht, es braucht auch Sichtbarkeit und eine
Community, wie es etwa George Soros mit
seinem„Institute of New Economic Thinking“
vorgemacht hat.
Die Entwicklungssoziologin Petra Dannecker
arbeitet in einem ERASMUS+ Projekt zusam
men mit Universitäten in Bonn und Prag so
wie verschiedenen Hochschulen in Vietnam
und Thailand an Transdisziplinarität als Lehr
prinzip. Der Ruf nach Universalgelehrten ist
für sie so sinnvoll, wie mit Blaupausen arbei
ten zu wollen: „Menschen haben ein Bedürf
Fotos: Petra Richar, UniversitätWien/PeterWienerroither, Barbara Mair
nis nach einfachen Lösungen, aber man
muss Heterogenität immer beachten. Es
braucht kontextspezifische Sensibilität.“ Zu
sammenarbeit ist für die Wissenschafterin
immer ein lohnender Prozess: „Das Miteinan
der ist harte Arbeit. Es braucht reflexive
Distanz zur eigenen Arbeit, die Chemie muss
stimmen und der Weg ist das Ziel. Wenn
Menschen über die Grenzen ihrer Fächer mit
einander ins Gespräch kommen, kann viel
herauskommen.“ Ihre „goldenen Regeln“ für
die Zusammenarbeit zwischen Disziplinen,
Kontinenten und Machtstrukturen: Bereit
sein, erst einmal zu lernen. Persönlich treffen.
Sich auf die Situation einlassen und be
obachten. Einander mit Offenheit, Respekt
und Neugierde begegnen, sich Ungleich
heiten bewusst machen und sich genug Zeit
für all das nehmen.
Für den Psychologen Thomas Slunecko liegt
der Reiz gemischter Teams darin, dass„blinde
Flecken“ ans Licht kommen können.
Fachübergreifende Zusammenarbeit birgt
immer eine Art „Verletzungsrisiko“, weil sie
Gewissheiten, die man hatte und welche die
eigene Identität ausmachen, in Frage stellt.
Wie beim Reisen in fremde Länder können
eigene, als normal erachtete Vorgehenswei
sen unerwünschte Folgen zeitigen: „Wir sind
irritiert, verärgert, passen uns an. Dann fan
gen wir an, nachzudenken, was hier los ist.“
Die Idealsituation zum Lernen und Arbeiten
bleiben kleine Teams mit genug Zeit, um Ge
meinsamkeit zu entwickeln. Außerdem wür
de der Psychologe es begrüßen, „wenn wir
die Welt nicht in Probleme und Lösungen
trennen, sondern mehr schauen, was ist.
Probleme erzeugen Schubladen, die unser
Denken einschränken. Das ist ein Problem“.
Im Vergleich zu unseren nächsten Verwand
ten könnten wir uns einfach weniger auf die
Brust hauen, sondern respektvoll und neu
gierig aufeinander zugehen.