Tag 4, Teil 3 - 10. Mai 2018
Bergsturz Tschirgant
Erstellt von Luca Govi
Am 10. Mai besuchten wir die Umgebung der Bergstürze Tschirgant und Haiming. Von der gegenüberliegenden Talseite (Haimingerberg) konnten wir uns einen Überblick der Dimensionen der Bergstürze verschaffen. Mehrere geologische und weitere wissenschaftliche Unterlagen, Karten und Untersuchungen ermöglichten uns das Alter und die Gründe für die Bergstürze besser zu verstehen.
Wissenschaftliche Untersuchungen konnten aufgrund der abgelagerten Materialien die Bergstürze um den Tschirgant auf ungefähr 3‘000 bis 3‘500 Jahren BP (before present) datieren. 100 bis 125 Millionen m3 Bergsturzmasse donnerten mit extremer Geschwindigkeit den Berg herunter und die vielfach pulverisierte Masse deckte eine Fläche von über 13 km2 mit bis zu 65m hoch bis zur gegenüberliegende Talseite ab. Durch den Tschirgant Bergsturz stauten sich die Flüsse des Inn- und Ötztals im betroffenen Gebiet über längere Zeit. Die dahinter entstandenen Seen überflossen die Bergsturzmasse, schnitten sich sehr schnell sehr tief ein und verursachten große Überschwemmungen im Inntal.
Frühere Studien datierten die Bergstürze auf das Ende der letzten Eiszeit vor 9‘000 bis 10‘000 Jahren – als die Gletscher verschwanden, welche die Täler in der Umgebung bis auf einer Höhe von 2‘500 m/ü/M füllten und die Bergkanten bzw. Bergflanken eisfrei wurden. Neueste wissenschaftliche Untersuchungen widerlegten diese Studien teilweise, da nach dem Rückzug der Gletscher die Temperaturen trotzdem noch während längerer Zeit sehr tief blieben und in den Bergflanken noch Permafrost vorhanden war, bzw. dieser sich teilweise auch neu bildete. Erst mit dem Temperaturanstieg wurden die großen Bergstürze erst möglich.
Das hellere Gestein in den Bildern sind neuere kleine Felsstürze, welche sich in letzter Zeit ereignet haben. Besonders die tektonischen Bewegungen und damit einhergehenden Erdbeben im oberen Bereich der Erdkruste (bis ca. 5 km Tiefe) sind im betroffenen Gebiet für die Auslösung der großen Bergstürze verantwortlich. Auch die Klimaerwärmung spielt in diesen Zusammenhang eine bedeutende Rolle. Mit dem weiteren Verschwinden von Permafrost erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von weiteren Bergstürzen.