Tag 6 - 18. Mai 2019
K-Hofmuseum & Gschliefgraben
Erstellt von Thomas Nisch und Leo Schmuckenschlager
Am letzten Tag der Fachexkursion, 18.05.2019, machte unser Jahrgang in Gmunden am Traunsee in Oberösterreich halt. Das Hauptaugenmerk dieses Exkursionspunktes lag im Bereich der alpinen Naturgefahren und wurde hier mit dem Gschliefgraben eine der am besten erforschten, gravitativen Massenbewegungen besichtigt.
Zu Beginn erhielten wir eine kurze Einführung zum regionalgeologischen & geomorphologischen Rahmen von Herrn Dr. Johann Weidinger und wurde das Großrutschungssystem Gschliefgraben anhand eines Geländemodels im Maßstab 1:2.000 erläutert.
Die kurze Besichtigung des K-Hofmuseums inkl. der geologisch-paleontologischen Sammlung, sowie auch der Bürgerspitalkirche Sankt Jakob und Sonderausstellung, bildete einen perfekten Rahmen für den Vortrag.
In der Folge führte uns unsere Exkursion entlang des Traunseeufers zur Talstation der Grünberg-Seilbahn Gmunden, wo Herr Dipl.-Ing. Pürstinger von der Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Oberösterreich West, das vortragende Expertenteam ergänzte. Mit Seilbahn erreichten wir die Spitze des 984 müA hohen Grünbergs und wurden am Gipfel die geologischen Großbausteine „Böhmische Masse“, „Alpenvorlandmolasse“, „Flyschzone“, „Helvetikum“ und „Nördliche Kalkalpen“ anhand der umliegenden Geländemorphologie erklärt.
Von dort aus weiter verlief die Exkursionsstrecke entlang des Wanderweges bis wir nach etwa 400 m in den direkten Kopfbereich der Gschliefgrabenmassenbewegung, wo wir unseren ersten geplanten Haltepunkt machten. Sehr eindrucksvoll zeigte sich hier der relativ frische Geländeanbruchsbereich mit Versatzhöhen von etwa 2 bis 3 m und konnte im Nahbereich völlig verwittertes und zerlegtes Felsmaterial der Helvetischen Schichtfolgen. Zudem wurden charakteristische Rutschungsmerkmale wie z.B. Sichelwuchs, betrunkener Wald, unruhige/wellige Geländeformen anhand des umgebenden Geländes erklärt.
In der Folge erläuterten uns Herr Dr. Weidinger sowie Herr Dipl.-Ing. Pürstinger das von der WLV (in Zusammenarbeit mit Experten der Geologischen Bundesanstalt, den lokalen Behörden und privaten Firmen) erarbeitete Sanierungs- und Überwachungskonzept der Gschliefgrabenmassenbewegung. Im Kopfbereich zeigte sich eine Gerinneverbauung mit nachgeschaltetem Einlaufbauwerk zur Umleitung des Gschliefbaches aus dem Rutschgebiet. Erläutert wurden die besonders schwierigen Erhaltungsbedingungen, da z.T. in diesem Bereich des Gschliefgrabens Versatzbeträge von bis zu 10 m pro Monat vorlagen.
Weiter auf dem Weg zeigten sich weitere frische Rutschungsanbrüche entlang des südlichen Einhanges des Gschliefgrabens sowie ein frischer Felssturz an der Nordflanke des Traunsteins und wurde hierzu, dass im Bereich der vorgelagerten Felstürme Extensometer zum Einsatz kommen. Im zentralen Bereich des Gschliefgrabens befinden sich rund 2 Mio. m³ Rutschmasse in Bewegung und kann hier von einem Rutschungtiefgang von rund 8-10 m unter GOK (Geländeoberkante) ausgegangen werden. In diesem Bereich liegen derzeit Versatzraten im m und dm Bereich (siehe Überschiebung im Wegbereich vor und müssen Rutschmassen (ca. 1.000 m³) laufend maschinell verbracht werden.
Auf dem weiteren Weg an den Rutschungsfuß konnten eindrucksvolle Erlenaufforstungen, aber auch natürliche Sukzessionsflächen begangen werden.
Im Bereich des Mittellaufes des Gschliefgrabens (Flachbereich) wurden mittels Aushubmaterial 2 Schüttdämme (beidufrig) im Sinne einer Querverbauung hergestellt, die etwaige Murgänge aus dem Oberlauf an dieser Stelle abbremsen und die Murgangmassen weitestgehend zur Ablagerung bringen sollen.
Ebenfalls im Mittellauf ca. 800 m oberhalb der Bestandsgebäude (in Summe 12 Gebäude) wurde im Zuge der Katastrophenbewältigung eine Tiefendrainagerippe hergestellt. Im Zuge des nun im Aufbau befindlichen Monitorings wurden sowohl ober- als auch unterhalb dieser Tiefendrainage 25 m tiefe Kernbohrungen mit 20 m Inklinometerausbau (Ketteninklinometer) ausgeführt. Eine diskrete Gleitfläche zeigte sich hier in einer Tiefenlage von 10,40 m unter GOK und es musste aufgrund hoher Versatzbeträge der seit 2009 installierte Ketteninklinometer im Jahr 2017 ausgebaut werden. Im Zuge des Monitoring-Aufbaus werden auch Lichtwellenleiter (Technologie aus dem Bereich der Gleisüberwachung) in die Kernbohrungen eingeführt sowie oberflächennah im Bereich der Rutschung verlegt.
Am Fuße des Gschliefgrabens wurden Entwässerungsbrunnen mit direkter Ausleitung in den Traunsee hergestellt, die eine Drainage des Hangfußes gewährleisten und somit Rutschungsbewegungen abmindern.
Abschließend wurde von Frau Bojdunyk (Diplomandin am Institut für Geographie der Universität Wien) kurz die enorme Wichtigkeit von Bewusstseinsbildung für Naturgefahren in der Bevölkerung beschrieben und konkrete Maßnahmen (Geotrail, Infoveranstaltungen, Schulexkursionen) für die Großmassenbewegung Gschliefgraben in Aussicht gestellt.