Tag 4, Teil 2 - 11. Mai 2023

Gschliefgraben (Gmunden) - Risikomanagement eines Erdstroms

Erstellt von Oliver Putschögl & Florian Wechselberger

Am Nachmittag des vierten Exkursionstages führt uns die Exkursion an den wunderbar gelegenen Traunsee in Oberösterreich, zum geomorphologisch interessanten Areal des Gschliefgrabens. Am Bild sieht man den Traunsee, den Gipfel des Traunsteins und den nordwestlich abfallenden Gschliefgraben.
Der Bereich des Gschliefgrabens entlang des Ostufers des Traunsees gehört als Ortsteil „Unterm Stein“ der Stadt Gmunden an.
Hier findet seit Jahrhunderten eine Hangrutschung statt, die darunterliegende Ortschaften, Verkehrsverbindungen, Infrastrukturen, Wanderflächen und Agrarflächen bedroht. Als geologische Gefahr ist der Gschliefgraben der Gefahrenart nach als Erdstrom einzustufen.

Am zweiten Bild sieht man den möglichen Verlauf von Gletschern vor etwa 20.000 Jahren rund um den Traunstein. Als „Ursprung“ des Gschliefgrabens konnte man den Farngrubengletscher vor etwa 15.000 Jahren erkennen. Durch Abschmelzen dieses Gletschers hat sich vor ca. 12.000 Jahren der Gschliefgraben entwickelt.

Es besteht seitens der Stadtgemeinde Gmunden, der oberösterreichischen Landesstraßenverwaltung, der Energie AG und der Österreichischen Bundesforste AG großes öffentliches Interesse an der Sicherung des Dauersiedlungsraumes, an der Erhaltung des Naturraumes, sowie der Erhaltung der Infrastruktur am gesamten Schwemmkegel des Gschliefgrabens.

Zur Bestimmung des Gefahrenpotenzials wurden neben Oberflächenuntersuchungen (Fluchtstangenmessungen, Webcam-Bildaufnahmen, GPS-Messungen) auch Aufnahmen der Geländeoberflächen in Form von Laserscan-Flugaufnahmen und Echolot-Aufnahmen im Bereich des Schwemmkegels im Traunsee durchgeführt. Die gewonnenen Daten wurden verwendet, um Maßnahmen, wie Entwässerung und Hochwasserschutz, Hangentlastung, Wiederaufforstung, Monitoring und Frühwarnsysteme einzuleiten und zu installieren. Am Bild drei sieht man ein Inklinometer (rechts im Bild, orange) und eine Messstation der WLV. Hier wurden Löcher gebohrt, in diese man flexible Messeinrichtungen mittels Hubschrauber versenkte. Die Sensoren messen die Bewegungen im Erdstrom. Tatsächlich konnte man in 15m und in 34m Gleitflächen identifizieren. Die Energieversorgung der Messstationen der WLV wurden mit Solarpaneelen ausgestattet, um energieautark Daten zu liefern. Als Schutzmaßnahmen wurden in den vergangenen Jahrzehnten zusätzlich Ableitungen für Oberflächen- und Tiefenwasser, Verbauungen, Betonsperren, Drainagen und Sickerschächte errichtet. 

Im Rahmen der Exkursion bekamen die Teilnehmer*innen spannende und eindrückliche Erläuterungen zur Geschichte des Erdstroms, dessen geomorphologischen Prozessen, zu den aktuellen Forschungsprojekten und den tatsächlich getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Risikos. Es gab auch interessierte Fragen an den Vortragenden, Dr. Johannes T. Weidinger, etwa ob zyklisches Auftreten des Erdstroms zu beobachten sei. Man kann tatsächlich wiederkehrende Ereignisse in bestimmten Zeitabständen beobachten, so treten Steinschläge jährlich hauptsächlich im Frühjahr auf, Muren vermehrt nach Starkniederschlägen und Erdströme etwa alle 80 bis 100 Jahre. Durch Ableitungen und Abpumpen können die Gleitprozesse in Kriechprozesse verzögert werden. Außerdem detektiert heute ein faseroptisches System geringste Veränderungen der Erde. Seit dem Jahr 1987 ist der seenahe Bereich des Gschliefgraben Schuttkegels als rote Zone ausgewiesen; es stehen immer noch Gebäude und Wohnhäuser in diesem sensiblen Gebiet.

Der Referent konnte durch seine motivierende, abwechslungsreiche und kurzweilige Art mit verschiedenen Medien einen guten Ein- und Überblick in Forschung, Risikomanagement und Maßnahmengestaltung geben. Am Bild vier zu erkennen, dass die Risikomanager*innen der Universität Wien dem Exkursionsleiter aufmerksam zuhören. Im Bild sieht man Dr. Johannes Weidinger, wie er gerade die einzelnen morphologischen Bewegungen des Gschliefgrabens aufzählt. Die Gruppe befindet sich auf einem provisorischen Weg, der für die Sanierungs- und Grabungsarbeiten gebaut wurde. Im Hintergrund sind orange Rohre zu erkennen, die zur Entwässerung des Erdstroms installiert wurden. Am Bild sind auch gut Wiederaufforstungsmaßnahmen zu erkennen.