Diversitätssensibilität als Haltung und Antwort auf Demokratiefeindlichkeit und autokratische Agitationen
Diversitätssensibilität als Haltung und Antwort auf Demokratiefeindlichkeit und autokratische Agitationen
Kein Tag, keine Woche vergeht, in der nicht öffentlich von laut polternden Demokratiezweifelnden, autokratisch Agierenden und populistisch Argumentierenden berichtet wird. Es steht viel auf dem Spiel: Errungenschaften, die unsere Welt zu einem Ort von mehr Anerkennung gemacht haben und die von vielen erarbeitet und erkämpft wurden, werden in Frage gestellt und es fällt vielen schwer, dagegen zu halten.
In diesen Zeiten sind Menschen, die sich in ihrem Denken, Sprechen, Handeln und Fühlen kompromisslos an Menschenrechten orientieren, Gleichberechtigungsbestrebungen als selbstverständlich sehen und ein kompetentes Umgehen mit gesellschaftlicher Diversität leben, Vorbilder für die soziale Praxis, Vorbilder für alle.
Das Zertifikatsprogramm "Diversitätskompetenz" am Postgraduate Center der Universität Wien stellt hier ein Angebot dar, Einzelne als auch Gruppen in ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement zu stärken und die Vielfalt von Arbeits-, Organisations- und Lebenswelten sichtbar und verstehbar zu machen.
Maria Dabringer, wissenschaftliche Leiterin des Zertifikatsprogramms, beantwortet Fragen zur Grundidee der Weiterbildung.
Frage: Warum braucht es überhaupt eine Weiterbildung zum Thema "Diversitätskompetenz"?
Dabringer: Ein kompetenter und bewusster Umgang mit gesellschaftlicher Diversität sollte integraler Bestandteil der Sozialkompetenzen aller Menschen sein und dafür braucht es einen geeigneten Lehr- und Lernraum. Das übergeordnete Ziel des Programms ist es, menschenrechtlich orientierte bzw. antidiskriminatorische Ansätze zur Diversitätssensibilisierung (Awareness- und Skill Building-Maßnahmen) sowie betriebswirtschaftliche Konzepte (wie u.a. Gender & Diversitätsmanagement-Maßnahmen) gleichermaßen einzubinden und verschränkt zu behandeln, um die Vielseitigkeit und Komplexität des Diskurses und damit unseres Alltags abzubilden.
Frage: Warum sind Informationen und das Wissen über gesellschaftliche Diversität und Diversitätskompetenz hilfreich und stärkend?
Dabringer: Ich sehe Diversitätserfahrungen als selbstverständlichen Teil des sozialen Lebens, die es in erster Linie ermöglichen, sich selbst und die jeweils eigenen identitätsstiftenden Aspekte in Auseinandersetzung mit anderen kennenzulernen. Somit wird Selbstreflexion gefördert und ein soziales Zusammenleben ermöglicht. Verschränkt damit ist es wichtig, sich mit Diskriminierungserfahrungen, die auf eben diesen sozialen Unterschieden basieren, auseinanderzusetzen und im besten Fall an deren Abbau zu arbeiten.
Eine Qualifizierung im Bereich "Diversitätskompetenz" ist für uns als Initiator*innen nicht nur ein gesellschaftspolitisches Signal, wir sind auch überzeugt, dass dies mittel- und langfristig gesellschaftlicher Diskriminierung, Ausgrenzung und sowohl offenen als auch versteckten Rassismen entgegenwirkt – schon allein durch die Stärkung der Netzwerke, die ein solcher Kurs für die Teilnehmenden mit sich bringt.
Frage: Zwei Kohorten von Teilnehmer*innen haben das Programm bisher absolviert. Welche Netzwerke haben sich daraus bereits entwickelt und wie sieht die Alumniarbeit aus?
Dabringer: Seit 2023 bemühen wir uns, mit dem Diversitätskompetenzprogramm am Postgraduate Center der Universität ein einsemestriges Weiterbildungsprogramm anzubieten, das die Entwicklung dieser diversitätssensiblen Haltungen und Positionen ermöglicht und stärkt.
Dass dies gelingt, zeigen uns Alumni und Alumnae der ersten beiden Durchgänge, die im April zum zweiten Diversitätskompetenz-Netzwerktreffen gekommen sind, um sich wiederzusehen, sich auszutauschen und Pläne für die diversitätsbewusste Praxis zu schmieden. Sie haben uns von den vielen positiven Auswirkungen, die das Weiterbildungsprogramm auf ihre privaten wie beruflichen Handlungsräume hat, berichtet. Und sie genießen es, sich neue Handlungs- und Denkräume erarbeitet zu haben, die sie zu gesellschaftspolitischen Vorbildern macht. Als wissenschaftliche Leiterin des Weiterbildungsprogramms freue ich mich, den Wissenszugewinn von so vielen Menschen in seiner gelebten Umsetzung miterleben zu dürfen.
Mein Leitungsteam und ich, wir freuen uns, wenn sich Menschen für einen Wissenszugewinn im Bereich Diversitätskompetenz interessieren und beim nächsten Programmdurchlauf ab Oktober 2025 dabei sein wollen. Wenn Personen einfach nur „reinschnuppern“ und uns kennenlernen möchten: Es sind alle herzlich willkommen zu unseren nächsten Infoveranstaltungen, die für alle zugänglich sind.
Ich freue mich auf die Erweiterung unseres Netzwerks der Interessierten und Engagierten!
Maga Drin Maria Dabringer
Wissenschaftliche Leiterin des Zertifikatsprogramms „Diversitätskompetenz“, Sozialwissenschaftlerin, Universitätslektorin. Freiberuflich als Organisationsberaterin, Trainerin & Moderatorin tätig. Schwerpunkte: Systemische Organisations-, Team- und Einzelberatung (Psychodrama), Diversitätskompetenz-Trainings sowie Umsetzung von Diversitätsmaßnahmen. Kontakt: maria.dabringer@univie.ac.at | www.mariadabringer.at